Chorkonzert

Reinhard Keiser (1674-1739)

Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesus

Brockes-Passion

Text: Barthold Heinrich Brockes (1680-1747)

Besetzung

Voci Canto: Tochter Zion, Maria, 3 Gläubige Seelen, Coro
Alto: Evangelist, Petrus, Judas, Jacobus, 2 Gläubige Seelen, Kriegsknecht, Coro
Basso: Jesus, Johannes, Pilatus, Caiphas, Hauptmann, Gläubige Seele, Coro
Stromenti: 2 Oboi, 2 Flauti dolce, Flauto traverso, 3 Fagotti, 2 Violini, Viola, Liuto, Violoncello, Cembalo 

Reinhard Keiser ist im heutigen kirchenmusikalischen Repertoire meist nur mit seiner "Markuspassion" vertreten.

Dieser häufig zu hörenden Komposition, die übrigens auch J. S. Bach wiederholt aufführte (z. T. auch als Pasticcio mit Arien aus Händels "Brockes-Passion" - so von der Kantorei St. Mauritius Hardegsen 1993 erstmalig wiederaufgeführt), steht mit der "Brockes Passion" ein ungleich kunstvolleres späteres Schwesterwerk des eigentlich im Opernmilieu beheimateten Keiser gegenüber.

Die Textvorlage, eine mit allen rhetorischen Kunstgriffen seiner Zeit angereicherte Passionsgeschichten-Paraphrase, entstammt der Feder jungen Hamburger Ratsherrn Barthold Heinrich Brockes (1680-1747). Dessen bildlich expressive und unmittelbar anrührende Sprache ist fest in der pietistisch geprägten Religiosität seiner Zeit verwurzelt, erregt im Zuge der Aufklärung jedoch Anstoß.

Vor allem das vermeintlich geschichtsbewußte 19. Jahrhundert geißelte die "unwürdigen Bilder" (Chrysander), deren Eindringlichkeit jedoch nicht weniger als zehn Komponisten - unter ihnen Händel, Telemann, Mattheson und Stölzel - zur Vertonung reizten.

So gelingt es Brockes und Keiser gerade durch eine psychologisierende Schilderung vermeintlicher Randfiguren wie Petrus und Judas oder des Hauptmanns, die Szenerie der Kreuzigung Jesu aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten und somit Identifikationsmöglichkeiten zu schaffen.

Keisers Vertonung zeichnet sich gerade durch eine symbiotische Beziehung von Text und Musik aus. Was bei Händel unbedenklich zur Parodie für zahlreiche spätere Werke "freigegeben" werden konnte, ist bei Keiser einzig und allein auf den Brockesschen Text zugeschnitten.

Auffällig, daß der Operkomponist sich trotzdem aller vordergründigen Detailschilderung des Textes - etwa durch plakative Instrumentationen wie bei Mattheson - enthält. Hier schimmert fraglos die vermutete Absicht des Textes hindurch, Erbauung für "pietistische Zirkel" zu sein.

Nur so läßt sich auch der ganz und gar kammermusikalische Zuschnitt des Werkes erklären. - Im Gegensatz zur Vertonung Matthesons etwa, der den Text den Erfordernissen eines repräsentativen Karwochen-Oratoriums für eine der Hamburger Hauptkirchen anpassen mußte. Trotzdem fordert das Werk allen Beteiligten ein Höchstmaß an Virtuosität ab.

Die hohen Lagen des sparsam gesetzten Choräle beispielsweise widerstreben einer sonst üblichen "Gemeinde"-Funktion; die 21 Soliloquenten setzen ebenso wie die solistisch geforderten Streicher und Bläser hohes technisches Können voraus und sprechen nicht zuletzt deswegen für die Qualität des damaligen Hamburger Opernpersonals, welches die Uraufführung im Privathaus des Dichters bestritten haben dürfte.

Noten

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